Der Weg zur Trainingsplattform bellicon+

Der Weg zur Trainingsplattform bellicon+

Jean-Pierre Ulrich lebt und liebt seit nunmehr 10 Jahren das Thema Minitrampolin. Zunächst machte er seit 2013 das Studio-Konzept Jumping Fitness in Deutschland bekannt und ist seit 2019 als Geschäftsführer für den europäischen Markt bei bellicon tätig. Seit 2024 ist er für das operative Geschäft der bellicon Gruppe verantwortlich.
Das Interview wird geführt von Rahel Ferreira, die seit vielen Jahren ein Teil von bellicon ist. Jeder Newsletter, der bellicon verlässt, trägt ihre Handschrift. Wer in den sozialen Medien Fragen an bellicon hat, stand sicherlich schon mit ihr in Kontakt.

Jean-Pierre, danke, dass Du Dir Zeit nimmst, unserer Community ein paar Fragen zu beantworten. Gerade nach dem Start von bellicon+ haben wir viele wertvolle Rückmeldungen erhalten. Lass uns direkt loslegen: Was ist bellicon+ für Dich?

Sehr gerne, Rahel. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich überglücklich bin, dass wir nach fast zwei Jahren Entwicklung den Startschuss für bellicon+ geben konnten. Es war nicht immer ein einfacher Weg. Aber um auf Deine Frage zurückzukommen: Anstatt zu sagen, was bellicon+ für mich ist, möchte ich lieber erläutern, was wir damit vorhaben. Mit der ersten Version haben wir das Fundament gelegt, um unsere Kund:innen als umfangreichen Gesundheitscoach begleiten zu können, der maximal auf ihre individuellen Bedürfnisse, Beschwerden oder Wünsche eingehen kann. Die Qualität des Contents haben wir in den letzten zwei Jahren bereits massiv gesteigert. Durch die Einführung großartig strukturierter, zielorientierter Pläne und themenspezifischer Kollektionen bieten wir einen echten Mehrwert für unsere Kund:innen. Unser Ziel ist es, diese Pläne zukünftig individuell an die einzelnen Nutzer:innen anzupassen. Die Trainierenden sollen auf Basis ihrer eigenen Ziele und ihres individuellen Lebensrhythmus Pläne erhalten, die nicht fix von uns vorgeben sind, sondern die sich an der persönlichen Lebenswirklichkeit unserer Kund:innen orientieren. Dabei geht es nicht nur um die reinen Trainings an sich, sondern auch um wertvolle Tipps und Hilfestellungen abseits des Trampolins. Um erst einmal dorthin zu gelangen, war sehr viel technische Basisarbeit erforderlich.

In der Community habe ich nach dem Start von bellicon+ auch enttäuschte Stimmen wahrgenommen, die ausdrücken, dass sie für ihr Training relevante Funktionen auf der neuen Plattform vermissen. Kannst Du unserer Community dazu etwas sagen?

Ich bedaure jeden einzelnen Fall, in dem wir die Erwartungen (noch) nicht erfüllen konnten. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn jemand lieb gewonnene Funktionen auf einmal nicht mehr verfügbar vorfindet. Um Deine Frage zu beantworten, muss ich ein klein wenig ausholen: Zum einen haben wir während der Entwicklung hunderte von Tests sowohl mit bellicon Home-Kundinnen, als auch mit externen Nutzer:innen durchgeführt, um zu entscheiden, in welche Richtung und mit welchen Funktionen wir die neue Plattform entwickeln sollen. Noch nie zuvor konnten wir eine so immense Menge an Kundenfeedback bei der Entwicklung von Produkten einbeziehen. Manchmal bedeutet Neuentwicklung, Funktionen zu reduzieren, manchmal aber auch, sie zu bewahren. Letztlich haben wir es uns an keiner Stelle einfach gemacht, wenn es um die Entscheidung ging, Funktionen zu streichen. Hinzu kam allerdings auch der Umstand, dass bellicon HOME technisch gesehen nicht mehr auf einem aktuellen Stand war und deshalb dringend abgelöst werden musste.

Was meinst Du genau damit, dass bellicon HOME "nicht mehr auf einem aktuellen Stand war"?

bellicon HOME wurde vor nunmehr fast 10 Jahren entwickelt und seitdem technisch zwar immer weiter verbessert, aber die Grundsubstanz war nie dafür ausgelegt, zehntausende von Nutzer:innen und viele davon zeitgleich zu verarbeiten. Trotz aller Verbesserungen in den letzten Jahren kamen wir etwa 2022 an einen Punkt, an dem es nicht mehr ausreichte, lediglich die Serverkapazitäten zu erhöhen. Es mussten viele Prozesse, Datenbanken und Funktionalitäten neu konzipiert werden. Da unsere Nutzer:innen ab Mitte 2023 mit immer mehr Ausfällen bei bellicon HOME zu kämpfen hatten, trafen wir die Entscheidung, mit bellicon+ zu starten, auch wenn einige Funktionen erst später ausgerollt werden.

Nachvollziehbar. Was kannst Du unserer Community denn konkret in Aussicht stellen?

Der gesamte Entwicklungsprozess war darauf ausgelegt, möglichst viel mit Nutzerfeedback zu arbeiten, um Entscheidungen zu verhindern, die zwar von unserem Team als wichtig empfunden werden, aber von unseren Nutzer:innen ganz anders wahrgenommen werden könnten. In den letzten Wochen haben wir jedes einzelne Kundenfeedback analysiert, priorisiert und nach Lösungen gesucht. Für uns am überraschendsten war jedoch, dass die Innovation des „passwortlosen“ Zugangs auf wenig Zustimmung der Nutzer:innen stieß. Wir haben diese Funktion schnell wieder entfernt und seit kurzem können sich alle wie gewohnt wieder mit einem Passwort einloggen. Wir sind überzeugt davon, dass wir unser Ohr ganz nah an unseren Kund:innen haben müssen, um großartige Produkte zu entwickeln. Aus diesem Grund stehen bereits drei weitere Wünsche unmittelbar vor der Entwicklung: Die Anzeige anderssprachiger Videos, ohne die Websitesprache ändern zu müssen, die Wiedereinführung der Trainingshistorie und die kombinierten Suchfilter haben wir als größte Wünsche der Community ausgemacht. Die konkrete Reihenfolge werden wir über eine Abstimmung unter unseren Nutzer:innen festlegen.

Sind solche Abstimmungen in der bellicon+ Community häufiger geplant?

Wir werden weiterhin jedes Feedback dankbar aufnehmen. Und auch in Zukunft ist geplant, unsere Community in regelmäßigen Abständen in die Entscheidungen mit einzubinden, welche Features sie in welcher Reihenfolge wünscht, um ein noch besseres Trainingserlebnis zu bekommen.

Jetzt noch mal ein paar Zeitschritte zurück: Einige Nutzer:innen haben angemerkt, dass sie schon mehrere Plattformwechsel – von bellicon LIVE zu bellicon HOME und jetzt zu bellicon+ – miterlebt haben und bei jedem Wechsel erneut auf Funktionen verzichten mussten. Kannst Du dazu etwas sagen?

Gerne. Dafür muss ich jedoch noch einmal weiter ausholen und weil bellicon LIVE in Europa nie eingeführt wurde, betrifft das auch nur ein Teil der Nutzer:innen. bellicon HOME wurde ursprünglich 2015 von unseren Kolleg:innen in den USA entwickelt. In den späteren Jahren wurde bellicon HOME auch in Europa eingeführt und stetig weiter ausgebaut. Als die Pandemie über die Welt hereinbrach, wurde das Konzept jedoch kräftig durcheinandergeschüttelt. Zum einen stieg die Nutzerzahl durch die Lockdowns zwar massiv an, zum anderen konnten wir aus dem gleichen Grund keine neuen Inhalte produzieren, weil Aufnahmen in Studios zu der Zeit nicht möglich waren. Um diesem Problem zu begegnen, wurde mithilfe externer Plattformanbieter bellicon LIVE gestartet, sodass unsere Trainer:innen weiterhin die hohe Nachfrage nach neuen Workouts von zuhause aus bedienen konnten.

Warum wurde bellicon LIVE nicht weltweit eingeführt?

Dazu gab es sehr ernsthafte Überlegungen. Das Thema Livetraining fanden wir generell sehr spannend, da es einer Community noch das gewisse Extra geben kann, auch wenn dieser Weg zum Teil deutliche Abstriche bei der Qualität bedeutet hätte. Wir haben uns seinerzeit jedoch aus mehreren Gründen dagegen entschieden. Zwar konnten wir sehr viele Menschen von Livekursen und der sehr hohen Zahl neuer Videos überzeugen. Gleichzeitig haben wir jedoch festgestellt, dass die meisten Kurse nicht live genutzt wurden. Der überwiegende Teil der Nutzer:innen trainierte mit den gespeicherten Aufnahmen zu einem späteren Zeitpunkt. Nämlich dann, wenn es der individuelle Tagesablauf zugelassen hat. Und genau so soll es ja auch sein. Das war für uns eine sehr wichtige Erkenntnis und gab den Anstoß dazu, auf maximal hochwertig produzierte Inhalte zu setzen, die darüber hinaus die wichtigsten Themen, die unsere Community interessiert, aufgreifen. Bei Livekursen war dies aus vielen Gründen nur eingeschränkt möglich, wobei wir uns aber offenhalten, dieses spannende Format vielleicht später unter anderen Bedingungen wieder aufzugreifen. Dann jedoch in professioneller Studio-Umgebung, um unseren hochwertigen Produktionsstil beizubehalten. Die anderen Gründe waren eher technischer Natur. Mit dem externen Plattformanbieter hätten wir keinerlei Möglichkeiten der Weiterentwicklung gehabt und hätten nicht darauf einzugehen können, was unsere Community wünscht. Das hat sich allein schon am simplen Punkt des Payments gezeigt. Die Plattform ließ und lässt bis heute nur Zahlungen per Kreditkarte zu, was für US-Kund:innen zwar vollkommen normal ist, aber Kund:innen aus anderen Ländern, in denen die Verwendung von Kreditkarten weniger verbreitet ist, benachteiligt hätte. Beide Plattformen, sowohl bellicon LIVE als auch bellicon HOME, parallel hochwertig zu betreuen, war uns nicht möglich. Insbesondere wenn Du bedenkst, dass die gesamte bellicon Familie auch heute noch nur aus gerade einmal 60 Mitarbeiter:innen rund um die Welt besteht, inklusive Trampolinproduktion, IT, Vertrieb, Support, Marketing, Videoproduktion und mehr. Da müssen wir ganz genau schauen, wo wir mit unserem Wirken den größten Nutzen erreichen können.

Wo siehst du bellicon in 2-3 Jahren?

Spannende Frage. Wir haben ja nicht nur mit bellicon+ die Basis für deutlich mehr Innovationen gelegt, sondern krempeln aktuell unser gesamtes Unternehmen um, um noch nachhaltiger und verantwortungsbewusster zu werden. Ich denke, der vor einigen Jahren eingeleitete Generationswechsel bei bellicon, nach dem ich mit 40 Jahren zu den ältesten im Management gehöre, hat dieses Thema noch stärker in den Fokus gerückt, als es schon zuvor der Fall war.
Wir produzieren zu 100% in Deutschland und versuchen mit immer innovativeren Lösungen dafür zu sorgen, dass auch bei einem Versand an unsere Kund:innen in den USA der ökologische Fußabdruck stetig kleiner wird. Ich sehe aber auch für die Zukunft unsere bellicon Academy mit ihren verschiedenen Ausbildungen und Workshops verstärkt im Fokus. Aktuell richtet sich die Academy hauptsächlich an Trainer:innen und Fitnessstudios und hat bereits mehr als 15.000 bellicon Trainer:innen hervorgebracht. Die Entwicklung von Workshops für Endkund:innen ist ebenfalls im vollen Gange und wird nochmal ein ganz anderes Level bieten, um Wissensinhalte zu den verschiedensten Themenbereichen allen bellicon Nutzer:innen näherbringen zu können. Es bleibt in jedem Fall spannend.

Vielen Dank für dieses informationsreiche und transparente Gespräch, Jean-Pierre.

Ich habe zu danken.