Neuroathletiktraining - Hype oder Gamechanger?
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Neuroathletiktraining - Hype oder Gamechanger?

Neuroathletik gilt als neuer Trainingsansatz in der Fitness- und Gesundheitsbranche in Bezug auf die sportliche Leistungsfähigkeit aber auch in der Therapie im Bezug auf Schmerzen. Bisher ist es vor allem im Profisport (vorzugsweise im Fußball) verankert, rückt aber immer mehr in den Fokus beim privaten und auch begleiteten Training sowie in der Therapie. In diesem Beitrag erfährst Du, was Neuroathletik überhaupt ist und warum es vor allem in Kombination mit dem bellicon Minitrampolin Deine Leistungsfähigkeit steigern, Verspannungen zum Beispiel im Nacken-, Rücken- und Hüftbereich nachhaltig lösen und beheben kann und wieso es so gut für Deine Koordination ist.

Was ist Neuroathletik und Neuroathletiktraining überhaupt?

Kurz gesagt, basiert Neuroathletiktraining (NAT) auf sport- und neurowissenschaftlichen Erkenntnissen, welche alle Untersuchungen über die Struktur und Funktion des Nervensystems zusammenfasst und in einen neurozentrierten Trainingsansatz überträgt. Letztlich unterscheidet sich der neurozentrierte Ansatz von der klassischen Trainings- und Bewegungslehre, indem es das muskuloskelettale System in den Mittelpunkt der Arbeit stellt. Es basiert auf der Annahme, dass unser Muskel-Skelett-System jegliche Bewegung initiiert, was so viel heißt wie: Jede Bewegung entsteht in unseren Muskeln.
NAT beweist jedoch, dass Bewegung nicht im Muskel entsteht, sondern lediglich über den Bewegungsapparat ausgeführt wird. Bei dieser Methode wird das Nervensystem in den Mittelpunkt gestellt. Es wird sich also mit zentral-nervösen Prozessen beschäftigt, die maßgeblich an der Bewegungsplanung und -steuerung beteiligt sind. Sie geht also davon aus: Bewegung entsteht im Gehirn. Also genau da, wo auch Schmerzen, Emotionen und vieles weitere initiiert wird.

Wie sieht Neuroathletiktraining aus?

Das Neuroathletiktraining will die Funktionsweise und Interaktion zwischen dem zentralen und peripheren Nervensystem überprüfen und stetig verbessern. So sollen nach und nach neuronale Reize die Leistungsfähigkeit steigern aber auch Schmerzen lindern und das Verletzungsrisiko senken.
Angelus Grön, Personal- und Neuroathletiktrainer aus Baden-Württemberg.
Angelus Grön: Personal- und Functional Fitness Trainer
Vor vier Jahren hat sich Angelus Grön als Personal- und Functional Fitness Trainer auf den neuroathletischen Ansatz spezialisiert. In seinem Studio in der Region Nürtingen (Baden-Württemberg) freut er sich über einen wachsenden Klient:innen-Stamm, der sich immer mehr für den Ansatz der Neuroathletik interessiert. Für bellicon hat er sich intensiv mit dem Minitrampolin beschäftigt und es für sein Neuroathletiktraining mit seinen Klient:innen getestet und mit uns über seine Erfahrungen geredet:

Wie bist Du zum Neuroathletiktraining gekommen?

In meiner Arbeit versuche ich mich prinzipiell immer damit auseinanderzusetzen, was gibt es jetzt gerade Neues oder Aktuelles an Trainingsmethoden und Trends. Da ist natürlich auch viel Unsinn dabei, aber auch wichtige Dinge, mit denen man sich auseinandersetzen, sollte und auch muss. Mit der Neuroathletik bin ich vor etwa vier Jahren das erste Mal in Kontakt gekommen, über den Functional Training Summit und so habe ich dann meine ersten Ausbildungen gemacht und bin dann über die Fortbildungen und das, was ich dort erlebt hab in die Neuroathletik gekommen. Ich habe dort einfach gemerkt, dass es teilweise unfassbar ist, was über die neuronale Ebene, bzw. über neurozentriertes Training besser erreicht werden kann, als mit allen anderen Trainingsmethoden, die ich bisher kennengelernt hab. Weil ich einfach verstanden hab, dass das Nervensystem und unser Gehirn die Basis für unsere Bewegungen, unseren Gesundheitszustand, die Leistungsfähigkeit, und eben auch für Schmerzen sein kann. Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass die Neuroathletik ein wahnsinnig wichtiger Bereich ist, den ich in mein Training integrieren muss. Mittlerweile integriere ich das nicht mehr nur in mein Training, sondern ich würde sagen, das macht inzwischen meinen Haupttrainingsbestandteil aus. In Kombination mit meinem bisherigen funktionellen Trainingsansatz entsteht jetzt ein neurozentriertes funktionelles Training.

Welche Vorteile hat das NAT im Vergleich zu herkömmlichen Methoden, wie man sie derzeitig eher aus dem Personal Training kennt?

Es geht grundlegend immer um die Effizienz des Trainings. Ich möchte in meinem Training immer einen großen Effekt mit wenig Arbeitsaufwand erzielen und im Idealfall mit größtmöglicher Nachhaltigkeit. Da unser Nervensystem Informationen in Millisekunden überträgt, kann ich auch viel schnellere Erfolge aufzeigen, als in bisher gewohnten Trainingsmethoden. NAT zielt immer darauf ab, die Kommunikation zwischen dem Nervensystem und dem Körper zu verbessern. Und es gibt letztlich keine Bewegung, die nicht ohne das Nervensystem gesteuert wird. NAT versucht also, diese Kommunikation zu verbessern. Wir versuchen die Informationen, die vom Körper bzw. Dem Nervensystem wahrgenommen werden, die Interpretation dieser Informationen und das daraus resultierende Ergebnis zu verbessern. Also z. B. die Bewegung, die am Ende entstehen soll. Das bezieht sich dann dabei aber immer auf die komplette Bandbreite, also Kraft, Ausdauer, Koordination, Schmerzen… Das spielt dann keine Rolle mehr.
Angelus Grön, Personal- und Neuroathletiktrainer aus Baden-Württemberg.

Hast Du ein konkretes Beispiel dafür? Wie kann man sich das vorstellen?

Ja, gerne. Prinzipiell ist die Neuroathletik sehr individuell. Nicht jeder hat aus den gleichen Gründen Schmerzen, Gleichgewichtsdefizite oder Leistungsprobleme. Das hängt ja auch wieder damit zusammen, dass unsere Nervensysteme komplett unterschiedliche Reize erfahren hat oder täglich bekommt.
Auf das Beispiel Schmerzen und da z. B. Rückenschmerzen bezogen kann ich aus Erfahrung inzwischen sagen, dass es bei vielen meiner Klient:innen ein großes stressbedingtes Thema ist. Schmerz wird oft vom Nervensystem auch als Output, also als Aktionspotential gesendet. Es will dann darauf aufmerksam machen: „Hier tut gerade etwas weh!“ Und Dein Gehirn versucht Dir zu sagen: „Geh in Aktion und versuche etwas zu ändern, dass ich diesen Schmerz nicht mehr hab.“ Das kann mir als Trainer dann sehr viele Möglichkeiten bieten.
Angelus Grön, Personal- und Neuroathletiktrainer aus Baden-Württemberg.
Schmerzen können natürlich viel mehr Hintergründe haben, als eine tatsächliche Verletzung. Es kann also auch sein, dass Dein Nervensystem nur das Aktionssignal “Schmerz” nutzt, damit Du Deine jetzige Situation veränderst. Und da wird es dann spannend: Es gibt es dazu auch Studien und meine Erfahrung als Neuroathletiktrainer hat mir dies auch schon häufig gezeigt, dass Rückenschmerzen entstehen, weil sie ein enorm hohes Stresspotential haben. Rückenschmerzen stehen jetzt hier nur symbolisch, es kann sich dabei um jeglichen Schmerz handeln. Das heißt, Schmerzen im Körper resultieren aus einer Reihe von negativen Einflussfaktoren, die auf das eigene Nervensystem wirken und dann irgendwann den Körper dazu bringen zu sagen „Jetzt ist Schluss!“.

Beispiele für diese negativen Einflussfaktoren sind sowas wie wenig Schlaf, schlechte Ernährung, zu wenig oder die falsche Bewegung, Stress im Büro oder Alltag – die bekannten Dinge. Und jeder hat eine individuelle Schwelle an Stressresistenz, bis wohin er das aushält. Und dann, wenn ich diese Schwelle überschreite, kann es sein, dass ich als Aktionssignal vom Nervensystem diese Rückenschmerzen bekomme, womit mir mein Körper sagt: „Hey, Du musst was ändern, Du musst in Aktion kommen!“ Deswegen heißt es auch Aktionssignal, dass ich selbst in Aktion trete und aktiv etwas ändere.

Mit meinen Klient:innen versuche ich dann gemeinsam diese Stressfaktoren zunächst herauszufinden und zu definieren und dann zu regulieren. Das können sowas wie psychische Faktoren sein, die ich z. B. mit Atemübungen verbessern kann, oder auch Fehlhaltungen oder Verspannungen.
Ich kann aber auch an Nervenmobilisierungen im Rückenbereich arbeiten, um den Impuls, der ausgesendet wird, im Nerv zu verändern bzw. zu verbessern, um so dem Nervensystem den Impuls zu geben: „In dem Bereich ist alles in Ordnung, ich kann meinen Rücken bewegen, ohne Schmerzen.“ Ich gehe dann Schritt für Schritt in bestimmte Übungen rein, um zu zeigen, dass diese Übungen ohne Schmerzen zu bewältigen sind. Dann geht es bei meinen Klient:innen auch darum herauszufinden, ob der Schmerz nicht (zusätzlich) von etwas anderem kommt wie bspw. einer Verletzung, die es dann natürlich zu behandeln gilt.
Also es gibt da wirklich von A bis Z ganz unterschiedliche Ursachen für Schmerz. Die aber, wenn man sie dann findet und behandelt, wirklich schnell bessert werden können – und das auch nachhaltig. Und das ist eben das wirklich innovative und gute an der Neuroathletik: Es braucht am Anfang vielleicht etwas länger, um den richtigen Spot zu finden, ist dann aber am Ende, wenn man den richtigen Spot gefunden und gelöst hat hoch effektiv und auch nachhaltig.

Du meintest eben, dass Koordination ein großer Punkt ist. Inwiefern ist dies denn eine zentrale Rolle beim NAT?

Also die NAT ist ein Überbegriff von allen Bewegungen, die wir körperlich machen. Also alle Handlungen. Und die Koordination ist ein Teil davon und wird von bestimmten Bereichen umgesetzt. Das Kleinhirn ist bspw. für bestimmte Bewegungen in Kombination mit dem Frontallappen verantwortlich. Und diese Koordination kann man mit bestimmten Übungen testen, wie die Kommunikation zwischen den beiden Hirnarealen funktioniert. Und dann kann man durch gezielte Übungen diese verbessern. Das hilft dann letztlich natürlich der Koordination selbst, aber auch allen anderen Bereichen bzw. Systemen. Denn unser Gehirn arbeitet, genauso wie unser Körper an sich auch, in ganzheitlichen Systemen. Aktiviere ich ein Areal, aktiviere ich auch alle anderen Bereiche. Und das zeigt auch hier wieder: Ich arbeite spezifisch an einer Problemstelle und korrigiere bzw. verbessere das gesamte System.

Und wie lässt sich das bellicon mit dem NAT vereinen bzw. kombinieren?

Das bellicon lässt sich natürlich als Trampolin gut nutzen um bestimmte Übungen schwieriger zu gestalten. Durch den instabilen Untergrund und die aufwärts/abwärts Bewegung habe ich eine zusätzliche Aktivierung des Gleichgewichtsorgans. Auf dem bellicon selber kann ich dann alle Übungen, die ich sonst auf dem Boden mache, auch integrieren, sofern es nicht zu schwer wird. Hier habe ich auch den Vorteil der schwingenden Bewegung, welche durch die Seilringfederung des bellicon auch nochmal wesentlich angenehmer als auf einem normalen Trampolin ist, welche gelenkschonender ist und weniger Bewegung an sich erfordert. Und für manche meiner Klient:innen war es auf der beweglichen Matte und mit der weichen Schwingung wesentlich angenehmer zu starten, als wenn wir das statisch auf dem Boden machen. Aber natürlich ist das hier auch wieder sehr individuell, weil das Training oder die Übung zwangsläufig auch wesentlich instabiler wird. Das heißt, für die einen wird es deutlich schwieriger, mit dieser Instabilität zurecht zu kommen und für andere ist es genau die Intensität, die sie brauchen, um das Gleichgewichtssystem zu aktivieren, dass es dann im Umkehrschluss besser und stabiler wird.
Frau steht auf dem bellicon und macht Koordinationstraining.
Als Beispiel: Ich habe eine Klientin, die durch einen Schlaganfall Probleme im Gleichgewichtssystem hat. Und mit ihr habe ich auf dem bellicon gearbeitet und habe nach ein paar Aktivierungen das Gleichgewichtssystem so aktivieren können, dass sie danach absolut fest stand. Und das war eine Trainingszeit von vielleicht zehn Minuten. Wichtig ist aber, dass man für alle Übungen, gerade am Anfang, immer die richtige Intensität findet.

Lässt sich also sagen, dass die Übungen durch die schwingende Bewegung auf dem Trampolin begünstigt werden?

Das kommt ganz auf die entsprechende Übung und meine Klient:innen an. Wenn ich jemanden mit starken Gleichgewichtsschwierigkeiten direkt auf das Trampolin stellen würde, wäre das eher kontraproduktiv. Im Allgemeinen habe ich aber die Möglichkeit durch die Schwingung in Kombination mit anderen NAT Übungen gleichzeitig mehrere Reize zu setzen. Einige Klienten profitieren davon, wenn die Übungen komplexer werden, für andere wiederum ist es dann aber kontraproduktiv.
Für das reine NAT Training ist das bellicon allerdings zu einseitig. Weil ich nur die Bewegung nach oben und unten habe, also für das Gleichgewicht. Aber das Minitrampolin ist natürlich durch die weiche Federung ein sehr angenehmes Trainingsgerät. Und ich kann viele Kombinationen machen, die natürlich Spaß machen. Das Feedback habe ich von meinen Klient:innen bekommen, dass die Übungen darauf auch einen sehr großen Spaßfaktor haben. Und so kann ich dann Übungen kombinieren, die statisch vielleicht weniger Spaß machen, aber den gewünschten Effekt haben oder einfach anstrengender sind. Natürlich ist die Möglichkeit, Übungen in Kombination mit Gewichten, Bällen oder anderem zusätzlichem Equipment dann doch groß. Ich kann also sehr gut, Koordinative Spiele einbauen und mit Fangen und der Hand-Augen-Koordination arbeiten, die auch ein sehr großer neuronaler Bereich ist. Und letztlich bringt das alleinige springen vielen Klient:innen einen Vorteil für das Gleichgewichtssystem. Also kurz gesagt: Ich arbeite viel und gerne mit dem Minitrampolin, da es eine gute Ergänzung für mein Training ist.

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